Die Grafschaft Bentheim in der Geschichte


Chronik 1940

Alois Brei

Grafschafter Chronik 1940

Februar/März 1940

In mehreren Orten der Grafschaft werden militärische Verbände einquartiert. So im Februar in Scheerhorn eine Schwadron Kavallerie, in Esche die Munitionskolonne des 8. Artillerie-Regiments, in Lage müssen im März mehrere Soldaten mit Pferden untergebracht werden.


2. Mai 1940

Die Lehrerschaft Nordhorns wird in einem Schulungsvortrag mit Film auf die Bedeutung des Kampfes gegen den Kartoffelkäfer hingewiesen. Auf Anordnung der Stadtverwaltung werden alle mit Kartoffeln und Tomaten bestellten Flächen in Nordhorn durch Lehrer festgestellt. Anschließend werden dann Schüler mit Lehrern als Aufsichtsperson zur Kartoffelkäfersuche eingesetzt. Die Oberklasse der Burgschule sucht in Hesepe.


10. Mai 1940 in Bentheim

In der Schulchronik der Volksschule Bentheim heißt es zum Überfall auf die Niederlande: Kurz vor Ostern bekam Bentheim die erste Einquartierung, eine Kompanie der Leibstandarte Adolf Hitler. Sie blieb bis zum 10. Mai, dem Tage, an dem der Angriff im Westen begann. Seit den frühen Morgenstunden zogen an diesem Tage ununterbrochen Truppen, größtenteils motorisiert, durch die Straßen Bentheims gen Westen nach Holland hinein. Der Unterricht fiel deshalb zur größten Freude der Kinder an diesen letzten Tage vor den Pfingstferien aus. Um 8 Uhr gab Reichsminister Dr. Goebbels im Rundfunk eine Erklärung der Reichsregierung zu dem Vorgehen im Westen, die auch von den auf den Straßen Bentheims haltenden Soldaten mit angehört wurde. Die Bevölkerung Bentheims stand an den Straßen, jubelte den Soldaten zu, reichte ihnen Erfrischungen und schmückte sie und ihre Fahrzeuge mit Blumen. Kurz nach 8 Uhr wurden schon die ersten holländischen Gefangenen aufs Schloss gebracht. Nach 6 Wochen waren Holland, Belgien und Frankreich von unserer tapferen Wehrmacht überrannt und besiegt.

   

10. Mai 1940

Der Überfall auf die Niederlande beginnt auch in anderen Grafschafter Orten. Lehrer Kip notiert in Lage: In der Frühe des 10. Mai brauste eine große Anzahl Flugzeuge (mindestens 100) über unser Dorf in Richtung Holland. Bereits am Vortage biwakierten 200 Soldaten mit 250 Pferden im Wald bei Nordbeck in Halle. In Getelo wird die Schule beschlagnahmt, eine größere Anzahl von Soldaten, darunter eine Artilerie-Einheit, biwakiert im Freien. Bereits in der Nacht gegen 1 Uhr marschieren die Soldaten zur Itterbecker Straße, über die der Einmarsch erfolgt. Während der Nachtstunden hört man im Dorf das ferne Rollen der vielen motorisierten Einheiten. Deutsche Luftwaffengeschwader flogen ins Nachbarland. Am frühen Morgen des 10. Mai werden die Bewohner durch einige Kanonenschüsse aus dem Schlaf gerissen. Dann hört man noch bis gegen 10 Uhr die Detonationen der vielen Brückensprengungen in Holland.


Herbst 1940

Laut Schulchronik verfügt die Burgschule in Nordhorn schon seit Jahren über einen Luftschutzkeller. Da dieser Schulkeller nur ca. 50 Kinder aufnehmen kann, werden der Schule außerdem der große Raum unter der katholischen Kirche angewiesen und ferner der Keller im benachbarten katholischen Pastorat. Da diese 3 Schutzräume nicht mehr als 240 Kinder fassen, muss der Stundenplan der Schule so aufgebaut werden, daß nie mehr als 240 gleichzeitig in der Schule sind. Die Kinder (etwa 50), die in allernächster Nähe der Burgschule wohnen, können sich bei Luftalarm nach Hause begeben und ihren eigenen Luftraum aufsuchen. Da die Walter-Flex-Schule (Altendorfer Schule) bis in den Herbst 1940 keine geschützten Räume besitzt, wird die Benutzung der Anstalt verboten. Die Schüler dieser Schule werden in der Burgschule und in der städtischen Mittelschule unterrichtet. Einige Klassen erhalten Vormittagsunterricht, aber das Gros erhält Nachmittagsunterricht mit verkürzter Stundenzahl. Bei Alarm im Übungs- und Ernstfall wird die Schule in 2 Minuten geräumt.


Kriegsgefangenenlager Alexisdorf 1940

In der Schulchronik der Schulgemeinde Alexisdorf heißt es: In den Gefangenenlagern tauchten gefangene Holländer auf. Bald setzte ein ununterbrochener Zug von Gefangenen ein: Belgier, Engländer, Franzosen, Neger usw. Das war ein Kommen und gehen, da die Lager Bathorn und Alexisdorf Durchgangslager waren. Das Lager zeitweise 2000 – 3000 Gefangene, die in den Baracken und schnell errichteten Zelten untergebracht wurden. Die Kinder sammelten fremde Stahlhelme und was es sonst noch gab.


Mit der Zeit wurde das Lager Alexisdorf Stammlager. Die Gefangenen wurden zu Arbeiten eingesetzt. So bauten sie die Straße zum Lager und planierten und kultivierten den Lagerplatz und als Austausch für das Straßengelände einen Teil des Grundes von Pächter Meyer.

In das Haus des Kulturbauamtes zog Oktober 1940 Herr Inspektor W. Sperling und begann mit Gefangenen (100 – 200) die Kultivierung des Klein-Ringer Feldes (auf diesem Gebiet sollen 14 Siedlerstellen entstehen. Zwei Straßen werden hindurchgeführt werden. …). …


Ein Teil der Bauern nehmen [!] sich Gefangene als Arbeitskräfte. Diese sind in der alten Schule in Groß-Ringe und im Lager stationiert. Und so sieht man hier oft die erdfarbene Uniform der Gefangenen. Besonders bei der Kartoffelernte haben die Gefangenen geholfen, da die Arbeitskräfte wegen der zahlreichen Einberufungen knapp sind und auch die Kinder dieses Mal nicht so helfen konnten wie sonst, da die Herbstferien ausfielen.


Quelle: Schulchronik der Schulgemeinde Alexisdorf und ihrer Häuser: Bd. 3: 1940-1979. Transkribiert von Dieter Brockfeld, S. 30-31, 33.
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