Die Grafschaft Bentheim in der Geschichte


Hannover

Alois Brei

Das Königreich Hannover

1692 wurde Ernst August Fürst von Calenberg vom damaligen Kaiser Leopold I. zu einem der Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches erhoben. Außerdem durfte er sich Herzog von Braunschweig-Lüneburg nennen.

Das neue Herzogtum bezeichnete man als „Kurhannover“ oder einfach nur als „Hannover“. 1714 kam der damalige Kurfürst Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg zu neuen Ehren. Nach dem Tode der Königin Anna Stuart erbte er die britische Königskrone. Nun nannte er sich Georg I. Das geschah, obwohl er kaum Englisch sprach und sich wenig in London, sondern häufig in Hannover aufhielt.
1824 wurde die Grenze zu den Niederlanden durch solche Steine markiert - Bild: AB
Auf Georg I. folgte sein Sohn Georg II. In seine Zeit fällt die Verpfändung der Grafschaft Bentheim im Jahr 1752. Hannoversche Soldaten kämpften wiederholt an der Seite britischer Truppen. Sie verteidigten zum Beispiel Menorca und Gibraltar, als die Briten sich in Nordamerika mit aufständischen Siedlern schlugen, die schließlich die Vereinigten Staaten von Amerika gründeten.

Dies geschah in der Zeit Georgs III., des Enkels Georg II., den man wegen seiner Vorliebe für das Landleben auch „Farmer George“ nannte. Er trug die Krone 60 Jahre lang von 1760 bis 1820, war allerdings in den letzten Jahren durch eine Geisteskrankheit sehr behindert. Im Siebenjährigen Krieg musste er die gerade erst gewonnene Grafschaft Bentheim gegen den ehemaligen Bentheimer Graf verteidigen, der versuchte, an der Spitze eines französischen Regiments seinen verpfändeten Besitz zu erobern.

Georg III. war einer der europäischen Fürsten, die den französischen König Ludwig XVI. unterstützten. Als der französische Amtsbruder unter der Guillotine starb, legte man am englischen Hof Trauerkleidung an. Georg war immer noch König, als Großbritannien, das aus den Königreichen England und Schottland hervorgegangen war, sich mit Irland zum „United Kingdom of Great Britain and Ireland“ vereinigte.

Georg III. war einer der wichtigsten Gegenspieler Napoleons, allerdings konnte er die Besetzung Hannovers durch die Franzosen im Jahre 1803 nicht verhindern. Die hannoversche Armee löste sich danach auf, ein großer Teil der Offiziere und Mannschaften ging nach England und nahm als King’s German Legion an weiteren Kämpfen gegen Napoleon teil, nicht zuletzt an der Schlacht von Waterloo.

Nach der Niederlage und Verbannung Napoleons berieten zwischen dem 18. September 1814 und dem 9. Juni 1815 Vertreter aus etwa 200 europäischen Staaten auf dem Wiener Kongress über die Neuordnung Europas. Die Leitung der Kongressberatungen lag in den Händen des österreichischen Außenministers Metternich, die führenden Rollen spielten Diplomaten aus Österreich, Russland, Preußen, dem neu erstandenen Königreich Frankreich und eben Großbritannien. Die Interessen des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg wurden vom Kabinettsminister Graf Ernst zu Münster vertreten.

Einige Ergebnisse des Kongresses: Das bisherige Herzogtum Braunschweig-Lüneburg wurde zum „Königreich Hannover“ aufgewertet. Das neue Königreich umfasste bis auf das damalige Großherzogtum Oldenburg weitgehend das Gebiet des heutigen Bundeslandes Niedersachsen. Es blieb weiter mit Großbritannien verbunden, der König von Hannover war gleichzeitig König der Briten und Iren. Das blieb noch so bis 1837.

In diesem Jahr starb König Wilhelm IV., der trotz seiner edlen Herkunft ein eher rauer Geselle war, der das öffentliche Ausspucken nie aufgab, an das er sich während seiner Ausbildung zum Seekadetten gewöhnt hatte. Seine beiden Töchter aus der standesgemäßen Ehe starben beide früh. Er hatte zwar noch 10 weitere Kinder aus einer Verbindung mit der irischen Schauspielerin Dorothea Jordan, doch keines davon war erbberechtigt.

Nach dem Tode Wilhelms folgte ihm in London seine Nichte Viktoria auf den Thron, der eine lange Regierungszeit beschieden sein sollte. Neuer König von Hannover wurde sein Bruder Ernst August, weil eine Frau im Königreich Hannover nicht Regentin werden durfte.

Das Königreich Hannover bestand 52 Jahre. 1866, nach dem Krieg zwischen Österreich und Preußen, in dem Hannover sich auf die Seite Österreichs gestellt hatte, wurde es von Preußen besetzt und annektiert. Bis dahin hatte es fünf Könige: Georg III. (1814 – 1820), Georg IV. (1820 – 1830), Wilhelm IV. (1830 – 1837), alle drei gleichzeitig Könige von England. Ihnen folgten Ernst August I. (1837 – 1851), nach dem der vielleicht schönste Salon der Burg Bentheim genannt ist, und der blinde Georg V., dem zu Ehren sich die Neue Piccardie in Georgsdorf umbenannte.
Quelle: Wessel Friedrich Visch, Geschichte der Grafschaft Bentheim, Übersetzt nach der Ausgabe Zwolle 1820 von Lucie Rakers, Bad Bentheim 1986, S. 120 ff
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