Die Grafschaft Bentheim in der Geschichte


Judenfriedhof

Alois Brei

Der Jüdische Friedhof in Neuenhaus

Der jüdische Friedhof in Neuenhaus entstand vermutlich am Ende des 17. Jahrhunderts. Seit 1685 lebten jüdische Familien in Neuenhaus und in Uelsen, seit 1723 in Veldhausen und seit 1771 auch in Lage. Die Anlage am Wittenkamp war weit vom damaligen Stadtzentrum entfernt. Während die Neuenhauser Christen ihre Toten damals noch mitten in der Stadt begruben, durften Verstorbene nach jüdischem Verständnis nur außerhalb der Stadtmauern beigesetzt werden.

Auf diesem Friedhof sind noch 57 Grabsteine erhalten. Damit ist er der größte jüdische Friedhof in der Grafschaft Bentheim.
Bildergalerie Jüdischer Friedhof in Neuenhaus - Bilder: AB
Ein Friedhof ist für Juden ein "Haus der Ewigkeit". Die Gräber werden deshalb nicht eingeebnet und die Steine bleiben bestehen. Wenn der Platz nicht ausreicht, wird über das Grab eine weitere Schichte Erde angehäuft und die Toten werden übereinander bestattet.

Man verzichtet auf Blumenschmuck. Zum Gedenken an die Verstorbenen werden kleine Steine auf die Gäber gelegt. Beim Betreten eines jüdischen Friedhofs ist es für Männer Pflicht, eine Kopfbedeckung zu tragen. Dies gilt auch für Männer, die nicht der jüdischen Religion angehören.

26 Grabsteine tragen Inschriften in hebräischer Sprache, 16 Steine sind in Deutsch und Hebräisch beschriftet. Zwölf Steine weisen nur deutsche bzw. niederländische Texte auf. Bei drei Steinen sind die Inschriften nicht mehr zu lesen. Die hebräischen Inschriften enthalten auf jüdischen Friedhöfen nicht nur den Namen des Verstorbenen, sondern auch den seines Vaters.

Mehrere Grafstellen auf dem Neuenhauser jüdischen Friedhof sind durch Angehörige der Familie van der Reis belegt, die in Neuenhaus hohes Ansehen genoss. In der Zeit des Nationalsozialismus änderte sich das gute Einvernehmen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Bürgern total. Der Kontakt mit jüdischen Mitbürgern wurde zunehmend vermieden, Propaganda und Willkür bestimmten den Umgang miteinander. Am 9. November 1938 zerstörten SA-Trupps die Neuenhauser Synagoge.

Im Frühjahr 1942 mussten schließlich die bis dahin noch nicht deportierten jüdischen Bürger aus der Niedergrafschaft in das Haus der Familie van der Reis umziehen. Von dort aus wurden sie am 29. Juli 1942 abtransportiert. Nur einer überlebte die Lager der NS-Zeit.

Die letzte Beerdigung auf diesem Friedhof fand im Juli 1942 statt. Beigesetzt wurde Sophie van der Reis, die im Alter von 83 Jahren verstorben war, wenige Tage, bevor die letzten jüdischen Bürger deportiert wurden.

Im Januar 1930 fand auf diesem Friedhof auch der Dichter Carl van der Linde seine letzte Ruhestätte. Er war in Veldhausen geboren, hatte viele Jahre in Hamburg gelebt und gearbeitet, kehrte jedoch 1911 in sein Heimatdorf zurück. Er veröffentlichte viele plattdeutsche Texte, die auch heute noch gelesen werden. Der Grafschafter Heimatverein widmete ihm im Jahr 1971 einen Gedenkstein.
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