Die Grafschaft Bentheim in der Geschichte


Nhs-1941

Ludwig Sager

Die Chronik des 2. Weltkrieges in Neuenhaus 1941


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11. 1. 1941: Vorige Nacht hatte ich Wache im Rathaus, auch eine vom Krieg bestimmte Maßnahme: 6 Mann Nachtwache. Streifen durch die nächtlichen Straßen, ob ein Lichtschein durch die Fensterritzen dringt. Und dann: Skat im Wachlokal.

14.2.1941: Wieder kalter Winter, in diesen Tagen minus 14°.

31.3.1941: Es liegt was in der Luft. Viele Aushebungen.

11. 4.1941: Vom 9. auf den 10. lebhafte Fliegertätigkeit über Neuenhaus. Scheinwerfer fassten einen nach dem andern, im Strahlenbündel leuchtete dann plötzlich der Flieger wie ein heller Stern auf; 10, 12, 15 helle Linien schneiden sich oben in einem Punkt - da ist er! Sie lassen ihn nicht mehr los, halten ihn fest, bis der Nachtjäger heran ist. MG-Geknatter, er brennt, eine rote Kugel fällt, immer größer werdend. Ein Fliegerschicksal hat sich erfüllt: "Vom Feindflug nicht zurück."

22. 6.1941: Unsere Generation muss weiter durch alle Tiefen: nun haben wir auch noch Krieg mit Russland. Heute aus der Frühkirche kommend, hörten wir davon. Viele ernste Gesichter, alle sind erschüttert.

3.7.1941: Vom Jungen an der Ostfront immer noch keine Nachricht. Da fiel Hindrik Aalert, der Hoferbe, acht Jahre war er mein Schüler.

8. 7.1941: Heiße Tage, Wiesen und Weiden liegen dürr und trocken, besonders an der Vechte. Getreide reift ohne volle Frucht, Kartoffeln setzen schlecht an. Münster hat in der Nacht auf den 7. Juli sehr gelitten. Die Verwandten flüchteten zu uns.

11. 7.1941: Nach unruhiger Nacht mit Bombeneinschlägen am 9. Juli früh um 5 Uhr lärmte das Brandhorn: alle verfügbaren Leute sofort abgeworfene Brandplättchen suchen. Meine Abteilung, mit Eimern und Feuerzangen bewaffnet, suchte die Dackhorst ab. Wir hörten von Waldbränden. Nachmittags Kartoffelkäferkontrolle in den Außenbezirken. Am andern Morgen: Schule sammelt ab sofort abgeworfene Flugblätter.

13. 7.1941: Nach der Dürre kam heute, Sonntag, der erlösende Regen. Mensch und Tier atmeten auf.

5.8.1941: Im Osten hat's doch manchen lieben Jungen getroffen, jetzt den stillen Bernd Brookhuis aus Brecklenkamp, Fritz Börgeling von hier, dessen Ver­lobung in der letzten Silvesternacht wir tüchtig feierten, einen Neffen aus Oberhausen. - Getreide, Kartoffeln und Hackfrüchte erholten sich.

22. 8. 1941: An Stelle des im Juni verstorbenen Schulrates Schweer hat der pensionierte Schulrat Valentin den Aufsichtsdienst wieder übernommen.

28. 8. 1941: Besuch von nahen und fernsten Verwandten, die bei uns das Land Gosen sehen, wo Milch und Honig fließt, Eier, Butter und Speck. Ich bin viel unterwegs, wie die vielen städtischen Hamsterer, Essbares aufzutreiben. Oft zur Jagd, Wild für die nächsten Angehörigen. Es geht viel in die Städte.

20. 9. 1941: Unser Sohn kam glücklich von Russland zurück. Grundlose Wege dort, daher die Stockung, die Kriegsmaschine hat sich festgefahren. Viele Opfer zu beklagen, ich nenne heute Aug. Tharner, Fr. Drees von hier und den Nachbarsohn Joh. Gerritzen aus Lage, tüchtige Kerle.

28. 9. 1941: Am 23. späte Heimkehr von der Jagd in Piccardie. Die Luft dröhnte von Bombeneinschlägen. G. B. machte dabei schweren Sturz. Rippenbruch.

10.10.1941: Oktober- und Jagdtage. Wir Jäger haben es schwer, die vielen Bekannten mit Wild zu versorgen. - Lage betrauert den jungen Georg v. d. Veen-Liese, der beim ersten Einsatz fiel.

16.10.1941: Ferien wegen verspäteter Kartoffelernte um 8 Tage verlängert, die schulischen Belange kommen immer mehr ins Hintertreffen.

21. 11. 1941: USA rüsteten, ließen das Neutralitätsgesetz fallen und scheinen zum Krieg entschlossen. Der Winter setzte außergewöhnlich früh ein, schon am 15. 11. liefen die Kinder Schlittschuhe. Und die Stimmung? Hier im Grenzgebiet wird sie teilweise beeinflusst von den Menschen jenseits der Grenzsteine. Da sieht's schlimm aus. Holland spürt nun den Krieg am eigenen Leibe, Hunger wühlt das Volk auf.

11. 12.1941: Seit heute Kriegszustand mit den USA. Japan schlug vor drei Tagen gewaltig zu. Der Weltbrand! Die Jugend weiß nicht, welchen Weltmächten wir gegenüber stehen. Wir Alten sind mit diesem Wissen belastet.

21.12.1941: Generalstabschef Brauchitsch musste gehen, Hitler übernahm den Oberbefehl. Warum? Da ist vieles dunkel. Ich traf vor einigen Tagen den alten Bernd Klasing aus Wilsum: „Kommen Sie doch einen Nachmittag herüber, man muss sich mal aussprechen." Sich heute vorbehaltlos aussprechen dürfen, ist vielen Bedürfnis.

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