Die Grafschaft Bentheim in der Geschichte


Luftangriff

Die Grafschaft Bentheim in der Geschichte

Bombenangriff auf Nordhorn am 5. Oktober 1944

In der Schulchronik der Volksschule Altendorf, die von den Nationalsozialisten in "Walter-Flechs-Schule" umbenannt worden war, findet sich dieser handschriftliche Bericht einer Schülerin:

... Der Morgen des 5. Oktober bricht an. Er soll für Nordhorn ein denkwürdiger Tag werden. Grau steigt der Nebel aus den Wiesen empor. Mit lautem Hallo geht alles zur Schule. Um 10.30 Uhr wird LC.10* gemeldet. Alles stürzt aus den Klassen. Nach einiger Zeit kommt Fliegeralarm. Nun muss ich noch schnell zur Stadtbücherei. Dort wird eiligst das Feuer angemacht. Und schon kommt akuter Alarm. Höchste Gefahr! Nun aber die Beine in die Hand genommen!
Das zerstörte Köln im Sommer 1944 - Bild: gemeinfrei
Zu Haus werden Sachen gepackt und hinein in den Luftschutzkeller. Doch ich will noch ein Buch zum Lesen mitnehmen. So kommt es, dass ich später hinunter gehe als meine Mutter. Gerade bin ich auf der untersten Treppenstufe, da heult es heran. Quüüi. Dann erfolgt eine Detonation. Das Licht erlischt. Ich laufe, dass ich in den Keller komme und werfe mich auf den Boden. Krach! Rums! Es erfolgt eine größere Detonation. Der Kellerboden schüttelt und bebt.

Meine Schwester und mein Bruder schreien. Alles ist kopflos. „Eine Kerze! Licht! Streichhölzer!“ ruft es durcheinander. Da rappelt es an der Mauerdurchbruchstür! Eine Nachbarin erscheint. „Hermine is booben in't Hus!“ spricht sie erregt. Aufgeregt berichtet Sie folgendes: Draußen hat jemand gerufen: „Ein Angriffszeichen! In den Keller, in den Keller“.

Bei diesem Ruf ist sie zum Koffer gestürmt und hat ihn gegriffen und ist über die Straße gelaufen. Gerade war sie an unserer Ecke, als vor ihr die Bomben krepierten. Vom Luftdruck wurde sie zu Boden geschleudert. Rums, erfolgt eine dritte Detonation. Das Gespräch gerät ins Stocken.

Bald erzählt sie weiter. Der Koffer flog fort. Die sie kroch an der Hauswand entlang in den Nachbarkeller. Von dort aus gelang es ihr, durch den Mauerdurchbruch in unseren Keller zu kommen. Nun erscheint ihre Tochter! Sie ist von Glassplittern getroffen. „Fünf Bomben sind vor eurem Haus krepiert,“ berichtet sie atemlos. Fünf Stück! Mein Gott, so nahe. Bald kommt Vorentwarnung. Ich gehe nach draußen. 25 bis 30 m von uns entfernt sind fünf Bomben gefallen. Ausrufe des Erstaunens!

Da ruft jemand nach einem Spaten. In einem nahen Splittergraben waren drei Menschen teilweise verschüttet. Bald sind sie geborgen. Nun wird noch eine Dame vermisst. Es stellt sich jedoch bald heraus, dass sie mit einer Freundin zum Essen gegangen ist. Bei uns im Umkreis sind zwölf Bomben gefallen. Fünf davon 20 bis 30 m von uns entfernt, drei auf der Riete, eine zwischen Sievers, Fischer, Boermann und Meyer in der Buschwurte, eine bei Busch in den Garten, eine bei Büssemaker in die Dorfstraße und eine auf Friemannsweg. 

Nun müssen die Schäden bei der Partei gemeldet werden. Es sind bei uns zerstört 113 Fensterscheiben, 21 Türen, 80 Dachpfannen, ein Kleiderschrank, zwei Fensterrahmen und sieben Gardinen. Bald sind Glaser zur Stelle, die nach dem Rechten sehen und Maße nehmen. Vor die offenen Küchen- und Schlafzimmerfenster ist bald Pappe gezimmert. Auch haben wir noch kein Licht, aber ich schlafe allen Schäden zum Trotz ganz gut. 

Quellen: Schüleraufsatz in der Schulchronik der Volkschule Altendorf (damals "Walter-Flechs-Schule"), Bd. 1941 - 1961
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