Die Grafschaft Bentheim in der Geschichte


Reformation

1588 - Die Grafschaft wird reformiert

Als die Alte Kirche am Markt in Nordhorn vor einigen Jahren renoviert wurde, entdeckte man unter dicken Farbschichten einige alte Wandbilder. Sie stellen zwölf der Apostel Jesu dar, deren Bilder man in der Zeit der Reformation übermalt hatte.

1544 schlossen sich der damalige Graf Arnold I. und die Prediger der Grafschaft den Lehren Martin Luthers an. Seinem Nachfolger Graf Everwin waren religiöse Dinge ziemlich gleichgültig. Nur seine Frau Anna galt als strenggläubige Protestantin.
Apostelbilder in der Alten Kirche am Markt in Nordhorn - AB
Nach dem Tode Everwins führte Anna ab 1562 die Regentschaft für den minderjährigen Sohn Arnold. Dieser kam als Student an der Universität Straßburg in Kontakt mit den Lehren des Johannes Calvin. Dessen Anhänger nannten sich „Reformierte“. 1575 trat Arnold II. zum reformierten Bekenntnis über. Vermutlich mit Rücksicht auf seine lutherische Mutter zögerte er, dem Calvinismus in der Grafschaft Geltung zu verschaffen.

Erst nach ihrem Tode rief Arnold II. im Jahr 1588 alle Prediger der Grafschaft zusammen und verpflichtete sie auf die Lehren Calvins. Besonderen Wert legt man in der reformierten Kirche auf das Zweite Gebot: „Du sollst dir kein Bildnis machen.“ Die Versammlung beschloss, alle Bilder und Statuen aus den Kirchen zu entfernen.

In Neuenhaus wurden die Kirchenbilder am Dinkelufer verbrannt, in Bentheim brach man die Altäre der Kirchen ab und entfernte die Kruzifixe am Friedhof. Eine der ältesten Christusdarstellungen Norddeutschlands, der "Herrgott von Bentheim", die aus dem 11. Jahrhundert stammt, wurde auf einem Acker verscharrt. 1614 schließlich übermalte man die Apostelbilder in der Alten Kirche am Markt.

1604 führten der Graf und die Versammlung der Pastoren, die sich nun "Classis" nannte, eine reformierte Kirchenordnung ein. An die Spitze der Gemeinden trat der Kirchenrat, der sich aus dem Prediger, den Ältesten, Diakonen und Kirchmeistern zusammensetzt.

1613 wurde für die Grafschaft Bentheim ein Oberkirchenrat eingerichtet, der aus drei bis vier Personen bestand, die auf Lebenszeit ernannt wurden. Der Graf setzte den Oberkirchenrat als Aufsichtsbehörde ein. Er sollte "auf den Gottesdienst, auf Kirchen-, Schul-, Ehe- und Armensachen mit getreuem Fleiß" achten.

Der Oberkirchenrat schlug dem Grafen geeignete Personen für die Ämter der Prediger vor. Bis 1869 waren die Eheschließungen eine rein kirchliche Angelegenheit. Aus dem Jahre 1617 stammen die Zwölf Bentheimer Artikel oder das Bentheimer Glaubensbekenntnis. Die Bentheimer Kirchenordnung wurde 1709 in niederländischer Sprache gedruckt. Sie galt bis etwa 1965.

Diese Kirchenordnung prägte das Leben der Grafschaft Bentheim. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes standen eine Lehrpredigt. Es wurden fast ausschließlich Psalmen gesungen. Es galt ein hohes Konfirmationsalter und es gab regelmäßige Hausbesuche der Pastoren. Im Jahre 1882 verlor die Reformierte Kirche der Grafschaft Bentheim ihre Selbständigkeit und wurde ein Bezirkskirchenverband der neu entstandenen Evangelisch-reformierten Kirche der Provinz Hannover.

Die Menschen der Grafschaft wurden zu all dem nicht gefragt. Seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 galt der Grundsatz: "Cuius regio, eius religio". Wer regierte, bestimmte auch über die Religion. Allerdings ließ es der Graf zu, dass die Klöster Wietmarschen und Frenswegen, das Süsternkloster Schüttorf (später Hohe Schule) sowie die Orte Engden, Drievorden und Wietmarschen katholisch blieben.

Linktipps:
Quellen:
- Das Bentheimer Land, Heimatkunde eines Grenzkreises, hrsg. von Heinrich Specht, Nordhorn 1954
- Gerrit Jan Beuker, Vortrag vor dem Verein für Geschichte und Gegenwartsfragen der Brüdergemeine am 1. Oktober 2004 in Neugnadenfeld

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