Die Grafschaft Bentheim in der Geschichte


Schulpolitik-1

Heinz Ragnitz

Nationalsozialistische Bildungspolitik

Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hinderburg den Anführer der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), Adolf Hitler, zum Reichskanzler. Hindenburg löste den Reichtag auf. Neuwahlen fanden am 5. März 1933 statt. Mit dem  "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich" (Ermächtigungsgesetz), das am 23. März 1933 beschlossen wurde, erlangte die Regierung unter Reichskanzler Adolf Hitler die Ermächtigung, ohne Zustimmung des Reichstages und Reichsrates sowie ohne Gegenzeichnung des Reichspräsidenten Gesetze zu erlassen.
Schießausbildung von Kindern der Hitlerjugend - Bild: Bundesarchiv Bild 146-1981-053-35A  (CC BY-SA 3.0)
Die Unterwerfung unter die Ziele der Nationalsozialisten begann mit der Gleichschaltung der Länder, die alle hoheitlichen Aufgaben verloren, es folgten Parteien, Organisationen, Vereine, Verbände, Gewerkschaften, Medien, Künstler und die Justiz.

Kurz nach der nationalsozialistischen "Machtergreifung" am 30. Januar 1933 soll Adolf Hitler in einem vertraulichen Gespräch seine "Pädagogik" folgendermaßen umrissen haben: "Meine Pädagogik ist hart. Der Schwache muss weggehämmert werden. In meinen Ordnungsburgen wird eine Jugend heranwachsen, vor der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene Jugend will ich. Jugend muss das alles sein. Schmerzen muss sie ertragen. Es darf nichts Schwaches und Zärtliches an ihr sein. Das freie, herrliche Raubtier muss erst wieder aus ihren Augen blitzen.

Stark und schön will ich meine Jugend. Ich werde sie in allen Leibesübungen ausbilden lassen. Ich will eine athletische Jugend. Das ist das erste und wichtigste. So merze ich die Tausende von Jahren der menschlichen Domestikation aus. So habe ich das reine, edle Material der Natur vor mir. So kann ich das Neue schaffen". (zitiert nach: Herrlich, Hopf und Tietze: Deutsche Schulgeschichte von 1800 bis zur Gegenwart, Weinheim 1993, Seite 145).

Nach einer Rede des Reichsinnenministers Frick am 9. Mai 1933 vor den Kultusministern der deutschen Länder hatte die deutsche Schule den Erziehungsauftrag, "den politischen Menschen zu bilden, der in allem Denken und Handeln dienend und opfernd in seinem Volke wurzelt und der Geschichte und dem Schicksal seines Staates ganz und unabtrennbar zu innerst verbunden ist."

Es sollte die Solidargemeinschaft eines Führer-Gefolgschafts-Verhältnis entwickelt werden, in dem jeder "Volksgenosse" seinen Platz in einer neuen "Arbeitsordnung des Volkes" findet, für die folgende Grundsätze galten:

    statt individuellem Egoismus und politischem Klassenkampf die Idee der "nationalen Solidarität";
    statt parlamentarischer Querelen im Parteienstaat des "Weimarer Systems" die hierarchische Struktur von "Führertum" und "Volksbewegung";

    statt schulischem Leistungszwang und typisch "bürgerlicher" Wertschätzung bloß intellektueller Tüchtigkeit das Erziehungsideal der "reinrassischen Kämpfernatur";

    statt "Entartung des weiblichen Wesens" in der Leistungskonkurrenz der Männergesellschaft die Wiederherstellung der "natürlichen Rolle der Frau" als Mittelpunkt der "deutschen Familie" (Ebenda, Seite 149/150)

    Wesentliche Erziehungsziele sollten einerseits die körperliche Ertüchtigung der Jugendlichen und andererseits die Ausbildung des Charakters und der Gesinnung im nationalsozialistischen Sinne sein. Besonders sollten die Willens- und Entschlusskraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit entwickelt werden. Dagegen konnten die Ausbildung kognitiver Fähigkeiten und der Erwerb von Wissen in den Hintergrund treten.

Quelle:  Hans-Georg Herrlitz, Wulf Hopf, Hartmut Titze, "Deutsche Schulgeschichte von 1800 bis zur Gegenwart", Juventa-Verlag 1993, Kapitel 8: "Bildungsbegrenzung und Indoktrination als Prinzipien der nationalsozialistischen Schulpolitik", Seiten 145 - 157
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